[29.01.04] - Wichtige Nachricht für Dr. Murphy-Leser!
Jüngere Menschen werden das vielleicht nicht mehr wissen, aber früher, als man noch kein Internet hatte, las man so genannte „Zeitungen“. Bei uns zu Hause hieß „die Zeitung“ Augsburger Allgemeine und wurde im Morgengrauen von einer geheimnisvollen Kraft, die sich einmal im Jahr - kurz vor Weihnachten - in Form einer mit “Ihre Zeitungsfrau“ unterzeichneten Karte manifestierte, zwischen die Stäbe des Treppengeländers im Erdgeschoß gesteckt. Dort wurde „die Zeitung“ von den zum Hause gehörenden Frühaufstehern, den Herren Klemm und Rautenberg, abgeholt und und auf deren Rückweg in die von ihnen bewohnten oberen Stockwerke von unserer Tür abgelegt. Nein, falsch - sie wurde wiederum zwischen die Streben des Treppengeländers gesteckt, diesmal aber in den direkt vor unserer Wohnungstür befindlichen Geländerabschnitt. Denn, so wurde mir erklärt, eine auf dem schmutzigen Fußabstreifer abgelegte Zeitung sei nicht Frühstückskompatibel, Schmutz und böse Krankheitserreger könnten auf diesem Wege aufs Marmeladebrot gelangen. Pfuibah, das möchte man ja nicht.
Während des Frühstücks wurde „die Zeitung“ folgendermaßen aufgeteilt: Mami erhielt den Lokalteil, Papi behielt den Rest. Das Kind, also ich, bekam die Zeitung erst, wenn Papi sein Frühstück beendet und sich ins Bad zurückgezogen hatte. Das allertollste an einer lokal ausgerichteten Tageszeitung, das ist bis heute so geblieben, sind die Anzeigenteile mit privaten Kleinanzeigen. „Leute sperrt die Kinder ein, die Sabrina aus Aystetten hat jetzt den Führerschein! Es gratulieren Onkel Helmuth und Tante Hannelore aus dem Bärenkeller“. Oder: „Für die zahlreichen Glückwünsche anlässlich meines 85. Geburtstags bedanke ich mich ganz herzlich. Besonderer Dank an Herrn Sparkassendirektor Geldsack und Hochwürden Erbschleicher für ihre bewegenden Reden. Chreszenz Brunzbichler.“ Oder: „Ja Leute, es ist wirklich wahr: Der Xaver wird heut 70 Jahr! Es gratulieren deine Spezln Rudi, Franz und Erwin“.
Und dann gab es da noch Anzeigen, deren Anblick mir jedesmal ein wohliges Schaudern verursachte. Sehr faszinierend, weil geheimnisvoll: „Wichtige Nachricht für Dr. Murphy-Leser! 0821/XXXXXXX“. Zu und zu gerne hätte ich da mal angerufen, um die wichtige Neuigkeit zu erfahren. Aber ich kannte ja keinen Dr. Murphy. Heute sehen diese Anzeigen wahrscheinlich so aus:
Wichtige Nachricht für Dr. Murphy-Leser!
0190/XXXXXXX (3,79 EUR/Minute)
Während des Frühstücks wurde „die Zeitung“ folgendermaßen aufgeteilt: Mami erhielt den Lokalteil, Papi behielt den Rest. Das Kind, also ich, bekam die Zeitung erst, wenn Papi sein Frühstück beendet und sich ins Bad zurückgezogen hatte. Das allertollste an einer lokal ausgerichteten Tageszeitung, das ist bis heute so geblieben, sind die Anzeigenteile mit privaten Kleinanzeigen. „Leute sperrt die Kinder ein, die Sabrina aus Aystetten hat jetzt den Führerschein! Es gratulieren Onkel Helmuth und Tante Hannelore aus dem Bärenkeller“. Oder: „Für die zahlreichen Glückwünsche anlässlich meines 85. Geburtstags bedanke ich mich ganz herzlich. Besonderer Dank an Herrn Sparkassendirektor Geldsack und Hochwürden Erbschleicher für ihre bewegenden Reden. Chreszenz Brunzbichler.“ Oder: „Ja Leute, es ist wirklich wahr: Der Xaver wird heut 70 Jahr! Es gratulieren deine Spezln Rudi, Franz und Erwin“.
Und dann gab es da noch Anzeigen, deren Anblick mir jedesmal ein wohliges Schaudern verursachte. Sehr faszinierend, weil geheimnisvoll: „Wichtige Nachricht für Dr. Murphy-Leser! 0821/XXXXXXX“. Zu und zu gerne hätte ich da mal angerufen, um die wichtige Neuigkeit zu erfahren. Aber ich kannte ja keinen Dr. Murphy. Heute sehen diese Anzeigen wahrscheinlich so aus:
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huhniversum - 1. Mär, 15:02